Altengerechte Wohnungen: Boomsegment oder am Bedarf vorbei gebaut?

Altersgerechte Immobilien gelten als einer der aktuellen Trends in der Bau- und Immobilienwirtschaft – und viele Bau- und Immobilienunternehmen haben sich auf den Bau solcher Objekte fokussiert. Inzwischen zeichnet sich allerdings ab, dass ein beachtlicher Teil der neu errichteten Seniorenwohnungen möglicherweise am Bedarf vorbei gebaut wird.

Dies legen zumindest die Ergebnisse zweier Studien nahe, die jüngst vom Bundesbauministerium sowie von der Deutschen Hypo veröffentlicht worden sind. Danach wird die Nachfrage nach Seniorenimmobilien deutlich geringer ausfallen als von vielen Marktakteuren vermutet. Dabei mag es auf den ersten Blick durchaus logisch erscheinen, wenn Unternehmen der Bauwirtschaft oder Initiatoren geschlossener Immobilienfonds im Bau altengerechter Wohnungen ein großes, zukunftsträchtiges Investmentthema sehen.

Wenn beispielsweise die Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau postuliert, Deutschland brauche mehr Seniorenwohnungen, dann verweist sie dabei auf eine vom Pestel-Institut veröffentlichte Prognose. Diese geht davon aus, dass in Deutschland in den kommenden 15 Jahren infolge der wachsenden Zahl von älteren Menschen insgesamt rund 1,6 Millionen altengerechte Wohnungen neu errichtet werden müssten. Demnach müssten Jahr für Jahr fast 107.000 solcher Wohnungen fertiggestellt werden – eine Zahl, die hinter den tatsächlichen Fertigstellungszahlen weit zurückbleibt. Auch das Statistische Bundesamt scheint mit seiner Bevölkerungsprognose in dieselbe Richtung zu weisen. Demnach wird es bis zum Jahr 2020 in Deutschland 6,2 Prozent mehr Menschen im Alter von über 65 Jahren geben. Ihre Gesamtzahl dürfte sich dann auf etwa 17,8 Millionen erhöht haben. Bis zum Jahr 2030 soll diese Altersgruppe dann sogar um 30 Prozent wachsen.

Bedarf ist geringer als angenommen

An potenziellen Nutzern altengerechter Wohnungen scheint es also nicht zu mangeln. Der Denkfehler, der möglicherweise zu weit überhöhten Bedarfsschätzungen führt, liegt an einer anderen Stelle: Denn wenngleich die Zahl der Senioren zweifellos deutlich ansteigen wird, lässt sich daraus keineswegs 1:1 auf den Bedarf an neuen altengerechten Wohnungen schließen.

Der Grund liegt vor allem darin, dass fast alle Menschen im Alter gerade nicht in eine neue Wohnung umziehen möchten. Vielmehr wollen sie in ihren angestammten Wohnungen und Häusern bleiben. Daher würden am Markt bis zum Jahr 2027 nur etwa 10.000 altengerechte neue Wohnungen benötigt. Der Hype, den einige Anbieter von geschlossenen Immobilienfonds in diesem Segment erwarten, dürfte somit nicht eintreten.

Auch die vom Bundesbauministerium veröffentlichte Studie „Wohnen im Alter“ kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Aktuell leben demnach nur vier Prozent der Menschen in der Altersgruppe „65 plus“ in Seniorenheimen und nur ein Prozent nutzt altengerechte Wohnungen. Sogar bei den mehr als 90-Jährigen Senioren leben zwei Drittel noch in ganz gewöhnlichen Wohnungen oder Häusern.

Senioren wollen ihre alte Umgebung nicht aufgeben

Den Prognosen des Ministeriums zufolge dürfte der Anteil der in Heimen oder altengerechten Wohnungen Lebenden sogar noch weiter zurückgehen, denn in den künftigen Rentnergenerationen leben im Vergleich zu früher immer mehr Menschen in eigenen Wohnungen oder Häusern, die nur wenige von ihnen aufgeben wollen. Ein Indiz für diesen Trend sind auch aktuelle Daten des Verbands Privater Bausparkassen, nach demen 2011 von insgesamt gezahlten 32,9 Mrd. Euro an Baugeldern der dreiundzwanzig deutschen Bausparkassen über 60 Prozent in altengerechte und energetische Modernisierungen von bestehenden Häusern und Eigentumswohnungen flossen.

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